Wurzeln in der Reformationszeit – Die Familien Rühl und Wolf

Mathilde Theodore Justine Rühl

Ein Teil Vorfahren von Anneliese Schroeter, der Urgroßmutter mütterlicherseits unserer Enkelkinder Noah, Keziah, Ben und Lina, stammen aus dem Frankfurter Raum. Annelieses Mutter, Mathilde Theodore Justine Rühl, die zweite Frau des Witwers Julius Schroeter, war selbst am 01.06.1878 in Frankfurt geboren. Ihr Vater Johann Philipp stammte aus Bornheim, einem Ort in unmittelbarer Nähe der Mainmetropole, wo mehrere Generationen der Rühls lebten. Vor seiner Eingliederung in Großstadt im Jahr 1867 hatte das bis dahin eigenständige Dorf etwa 5000 Einwohnen.

Ihre Ursprünge hatte die Familie Rühl in Mittelhessen. Um 1550 lebte in dem Ort Laubach bei Gießen ein Johannes Rühl genannt „Laupacensis“. Die allgemeine politische Entwicklung begünstigte den sozialen Aufstieg der unteren Schichten, so auch den von Johannes Rühls Sohn. Graf Friedrich Magnus zu Solms-Laubach, ein Freund des Reformators Melanchthon, führte in seiner Herrschaft 1544 die Reformation ein. Zur Hebung der Bildung seiner Untertanen gründete er 1555 eine Lateinschule (Unterricht in Latein, Griechisch und Hebräisch) mit protestantisch-humanistischen Ausrichtung. Das war die Chance für Johannes Rühls Sohn, geb. vor 1584, der ebenfalls Johannes, hieß, durch den Besuch der Lateinschule Lehrer zu werden. Seit 1605 war Schulmeister in verschiedenen Orten seiner Heimat: in Glauberg, Heegheim und in Ulrichstein.

Sein Sohn Konrad Kurt Rühl (geb. um 1605) wird erwähnt als Bürger zu Ulrichstein bei Gießen. Er war wie später auch sein Sohn Johannes, genannt der Alte, geb. um 1630, Gutsverwalter (Hofmann) des Gutes Langwasser, das zur Herrschaft Burg Ulrichstein der Freiherren zu Riedesel gehörte. Im Dreißigjährige Krieg (um 1622) war Konrad Landsknecht im Söldnerheer des Herzogs Christian von Braunschweig (genannt der „tolle Christian“), das plündernd durch die Lande zog.

Zwei der Söhne von Johannes Rühl dem Alten, wurden Urväter von zwei Linien der Familie Rühl.

Die erste nahm in Bornheim bei Frankfurt ihren Anfang, die zweite in Nieder-Erlenbach nördlich von Frankfurt

Bäckerei Friedrich Wilhelm Rühl in Bornheim um 1900

Friedrich Wilhelm Rühl   Bäckermeister und Schultheiß                    1813 – 1883

Johann Georg begründete die Borheimer Linie. Er begab sich 1690 nach Bornheim, eröffnete einen Krämerladen und war Gerichtsschöffe. Wirtschaftlich war seine Familie schon bald  gut gestellt. Sein Sohn Hartmann (geb. 1695) wurde zum Stammvater einer Bornheimer „Bäckerdynastie“. Alle seine Nachfahren waren bis ins 20. Jahrhundert Bäckermeister. Sehr häufig begleiteten sie gleichzeitig das Amt des Schultheißen in Bornheim.

Johann Rühl, 1787 – 1853, Bäckermeister und  Schultheiß in Bornheim

Friedrich Wilhelm Rühl, geb. 14.05.1813, Sohn von, Johann Rühl, 1787 – 1853, war nach sechs Vorgängern der letzte seiner Familie im Amt eines Schultheißen. Zudem haben die Rühls weitere öffentliche Aufgaben wahrgenommen, waren in Vereinen aktiv, besaßen Gasthäuser und übernahmen politische und soziale Verantwortung. Das einstige Wohnhaus der Familie an der Berger Straße verrät viel über die Stellung der Familie im Ort: Das dreigeschossige des Fachwerkhauses und mit seinen geschnitzten Verzierungen überragte schon damals alle anderen Häuser im Dorf

 

Johannes Rühl des Alten Sohn Johann Caspar, geb. 1660, war der Begründer der zweiten Linie Rühl. Von ihm stammt unsere Ahnin Mathilde Rühl ab. Johann Caspar war zum Lehrer ausgebildet worden und wurde Schulmeister in Nieder-Erlenbach. Sein Sohn Johann Georg blieb im Ort und wurde Bauer. Seine Sohn Johann Adam, geb. 1731, heirate die Bäckerstochter Ottilia Becker aus Bornheim und wurde selbst auch Bäckermeister, wie seine im Ort schon ansässigen Cousins.

Sein Urenkel Johann Philipp Rühl, geb. 1841, (Bild rechts) schaffte in der Metropole Frankfurt den sozialen Aufstieg. Seine Berufstätigkeit machte ihn so wohlhabend, dass er sich im mittleren Alter aus dem aktiven Erwerbsleben zurückziehen konnte und seinen Lebensunterhalt als sog. „Privatier“ von seinem Vermögen bestreiten konnte.

Johann Philipp Rühl

 

Johanna Christiane Wolf, geb. 1840

 

Johann Philipp Rühl heirate Johanna Christiane Wolf, geb. 1840, eine Schwäbin, Mathilde Rühls Mutter.  Sie stammt aus einer alteingesessenen württembergischen Familie, die bis in die Reformationszeit zurückzuverfolgen ist.

 

Die Familie Wolf

Die Familie Wolf ist insofern interessant, als sie zur Zeit der Reformation ihren sozialen Aufstieg begann und eine für das Herzogtum Württemberg exemplarische  Entwicklung als Theologenfamilie  nahm.

Mathildes Urahn, Johann Wolf, geb. um 1500, erhielt von Herzog Christoph die typische Ausbildung eines begabten württembergischen Landeskindes, um aus ihm ein nützliches Werkzeug für das Gemeinwesen zu machen.  Zunächst wurde der Knabe Zögling des evangelischen Klosterschule Maulbronn. Anschließend, 1575, erhielt er ein Stipendium zum Studium am Tübinger Stift. In dem ehemaligen Augustinerkloster in Tübingen ließ Herzog Ulrich bereits 1536 ein Studienhaus einrichten, in dem Landeskinder zu evangelischen Pfarrern ausgebildet wurden. Johanns Sohn Johann Jakob Wolf (Vuolfius) machte ebenfalls seine Ausbildung am renommierten Studienstift in Tübingen, das noch heute existiert,  und wurde 1655 Spezialsuperindendent in Neuenstadt am Kocher. Auch sein Sohn Gottlieb, geb. 1637, erhielt die gleiche Ausbildung wie sein Vater, mache seinen Magister in Tübingen  und wurde Pfarrer in Eberbach/Heilbronn und Sulzbach/Heilbronn. Aus dieser evangelischen Pfarrersfamilie gingen zahlreiche Söhne hervor, die zu Geistlichen bzw. Lehrern ausgebildet wurden.  Unsere Ahnen-Linie stammt  von Gottliebs Sohn Johann Jakob, geb. 1669, ab. Er war Lehrer in Eberbach. Auch dessen Sohn Johann Jacob, geb. 1705, wurde Lehrer und sein Enkel Johann Jakob Wolf, geb. 1730, wird als Stadtschultheiß erwähnt.

  Anneliese Schroeter, geb. 1913

Mathilde Rühl  heiratete 1912 den Kaufmann Julius Schroeter und  zog nach Cölbe bei Marburg. Der Witwer hatte drei Kinder:  Frieda war schon 18 Jahre alt, Kurt 14 und Helene 5. Ein Jahr später wurde ihre einzige leibliche Tochter Anneliese geboren.

Die betagte Mathilde Rühl begab sich mit ihrem Ehemann nach dem zweiten Weltkrieg in das evangelische Pfarrhaus nach Heusweiler/Saar zu ihrer Tochter Anneliese. Dort starb sie acht Jahre vor ihrem Mann im Alter von 75 Jahren am 27. April 1974.

Translate »