Die zwanzigjährige Marie Fauville (Foville) aus Courcelles-Chaussy bei Metz heiratet am 16. November 1752 in Bischmisheim Johann Christian Wilhelm Diener, einen Vorfahren meiner Mutter Martha Diener.
Diese von Hugenotten abstammende junge Frau stellt für unsere Familie, aber auch exemplarisch, das Bindeglied dar zwischen ihrem Geburtsort in Lothringen und den Zufluchtsorten im Saarland. Courcelles-Chaussy war seit dem 13. Jahrhundert eine eigene Pfarrei im Metzer Bistum. Der Ort wurde wie Metz 1552 vom Deutschen Reich abgetrennt und kam unter französische Herrschaft. Der französische Adlige Claude Antoine de Vienne, Graf von Clervant, war schon seit 1557 ein Anhänger der Reformation und gewährte seinen Untertanen großzügig Religionsfreiheit. |
1571 erhielt der Graf auch die Herrschaft über Courcelles. Bei seinem Herrensitz ließ er eine reformierte Kirche erbauen. Unter diesen günstigen Bedingungen entwickelte sich der Ort ab 1580 zu einem religiösen Zentrum für alle Calvinisten im der Region Metz.
1598 erließ der französische König das Toleranzedikt von Nantes, das freie Religionsausübung in Frankreich garantierte. Es galt jedoch nicht in den Herzogtümern Lothringen und Bar. Die katholischen Herzöge übten eine äußerst rigide Religionspolitik aus.
1685 setzte mit der Aufhebung dieses Ediktes eine verschärfte Verfolgung der Calvinisten ein. Der Erlass beinhaltete das Verbot protestantischer Gottesdienste, die Vertreibung der Geistlichen und den Abriss aller Hugenottenkirchen. Bei Zuwiderhandlungen drohte den Männern die Verbannung auf Galeeren und den Frauen die erzwungene Unterbringung in katholischen Klöstern. Das Eigentum der bereits Emigrierten wurde eingezogen, vorausgesetzt, sie kamen innerhalb eines Monats wieder zurück.
Angesichts dieser massiven Maßnahmen setzte eine Massenflucht ein. In der Nacht vom 21./22. Oktober 1685 verließen die Hugenotten Metz und Umgebung, um über Deutschland nach Holland zu ziehen. Einige aus Courcelles kommende Familien flüchteten in die lutherisch geprägte Grafschaft Saarbrücken-Nassau. Die Grafen von Nassau-Saarbrücken übten eine relativ liberale Religionspolitik aus. Besonders in Ludweiler im Warndt fanden die Religionsflüchtlinge Zuflucht. Breits vor diesem großen Exodus legten sie mehrfach im Jahr heimlich die 50 km lange Strecke von Courcelles-Chaussy nach Ludweiler zurück. Dort, wo sich bereits eine Hugenottengemeinde angesiedelt hatte, konnten sie die in ihrer Heimat verbotenen Taufen und Trauungen vornehmen lassen.
In der lothringisch-saarländischen Grenzregion führte nicht zuletzt der Zustrom an Handwerkern zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. „Ludwigsweiler“ (heute: Ludweiler) wurde im Grunde von protestantischen Glasbläsern aus Lothringen gegründet.
Ihre Nachkommen leben noch heute in Ludweiler und anderen saarländischen Gemeinden, wie auch in meiner Familie aus Bischmisheim, die u.a. von der Hugenottenfamilie der Marie Fauvile abstammt.
Zahlreiche französisch klingende Familiennamen wurden von den männlichen Nachkommen weitergegeben und sind noch heute im Saarland verbreitet.