Elisabeth Zerr Teil 2: Evakuierung der Volksdeutschen vom Schwarzen Meer

Als den deutschen Siedlungsgebieten durch die erfolgreichen Offensiven der Roten Armee im März und April 1944 die Rückeroberung drohte, begannen die deutschen SS-Dienststellen mit der Umsiedlung der Bevölkerung ins Reich und in den Warthegau. Die dorfweise Umsiedlungsaktion der rund 73.000 Schwarzmeerdeutschen geschah im März 1944.

29.3.1944 war das Dorf Franzfeld an der Reihe, bereits am 16. März 1944 der Nachbarort Bischofsfeld, im dem viele Verwandte lebten.

Viktor Zerr zitiert in seiner Familienchronik den kleinen Josef Zerr. Er schildert, wie er die Evakuierung seines Heimatdorfes Bischofsfeld erlebte:

„Mitte März 1944, ich war damals 5 Jahre alt, kam mein Vetter Adolf Zerr zu meiner Mutter gelaufen und berichtete, schwer atmend: „Pessl Marja, mir misse tes Dorf verlasse!“. Es hieß, dass wir nach Deutschland evakuiert werden. Viel Zeit zum Weinen blieb nicht. Ich beobachtete, wie meine Mutter sich ihre Tränen mit der bloßen Hand abwischte sogleich mit dem Packen begann. Die Vorbereitungen waren schnell gemacht. Auf dem Pferdewagen wurden Bettsachen und Lebensmittel verstaut und mit einer Plane überspannt. Meinen zweijährigen Bruder Pius und mich hat sie auf den Pferdewagen gesetzt und sorgfältig mit einer Federdecke zugedeckt. Für Monate wurde der Planwagen zu unserer Spiel- und Schlafstube. In meiner Erinnerung habe ich bis heute noch das Bild vor Augen, wie meine Mutter die ca. 40 Liter große Milchkanne mit geschmolzenem Schweineschmalz aufgefüllt hatte. Ich wollte unbedingt noch etwas Wurst mitnehmen und hatte es geschafft, noch zwei Würste vom Dachboden in die mit Schmalz gefüllte Kanne zu legen. Diese Milchkanne hatte uns noch lange begleitet…Ich erinnere mich noch sehr deutlich, wie wir in nassen und dampfenden Strohhaufen nächtigen mussten. Da wir dem rauen Frühling hilflos ausgeliefert waren, war die Kleidung und vor allen Dingen das Schuhwerk nach einiger Zeit verschlissen. Die Schuhe waren komplett aufgeweicht. Später sind die Menschen nur noch in Lappen gegangen. Offenes Feuer war aus Gründen der Tarnung nicht erlaubt. Besonders meine Schwester habe ich noch gut in Erinnerung. die den ganzen monatelangen Weg immer die Kuh an der Seite geführt hatte. Den gesamten Weg hatte sie mit 16 Jahren bei Schnee und Regen und bitterer Kälte zurückgelegt. Der große Treck führte uns über Bessarabien und Rumänien. Wir mussten oftmals in Wäldern übernachten, um nachts unentdeckt zu bleiben. Begleitet wurde der Treck zeitweise von deutschen Soldaten. Sie mussten den Treck oft anhalten, um die sich auf dem Rückzug befindlichen Truppen vorbeizulassen. Sie hatten Vorfahrt. Bei jedem Halt saß uns die pure Angst im Nacken, dass wir von den Sowjets eingeholt werden könnten.“

Den Menschen in dem Treck aus dem Dorf Franzfeld erging es nicht viel anders. Sie trafen Anfang Juli 1942 im Kreis Konin im Warthegau ein.

Elisabeth Braun wurde am 13.7.1944 in dem Dorf Ciepla Chojka das Haus Nr. 30 als Unterkunft zugewiesen. Am 27.10.1944 erhielten sie und ihre Tochter Maria die Urkunde zur Einbürgerung ins Deutsche Reich.

Translate »